(Angaben jew. zur Zeit der größten Ausdehnung
Anfang der 1930er bis Ende der 1960er Jahre
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Der letzte Anschluss am Westgleis wurde im Jahr 2024 stillgelegt (Kohlelager FUG). Dieser soll jedoch für den Transport von Straßenbahnwagen in den Betriebshof der SWU umgebaut und wieder in Betrieb genommen werden.
Darüber hinaus sind nur noch einzelne kurze Gleisabschnitte der Stammgleise und Nebenanschlüße noch nicht zurückgebaut.
Die Aufhebung der Rayongesetze, die Eingemeindung von Söflingen und der Bau des Rangierbahnhofes ermöglichten der Stadt die dringend notwendige Ausdehnung nach Westen in das Blautal hinein. Die dort neu entstehenden Fabriken sollten nach dem Willen des regierenden Oberbürgermeisters Heinrich Wagner die Möglichkeit eines eigenen Bahnanschlusses bekommen.
In einer ersten Idee von 1904 wäre der Söflinger Bahnhof in einer geschwungener Linie mit der ebenfalls erst angedachten Ulanen-Kaserne in der Sedanstraße verbunden worden. Dort und rund um die Straße nach Blaubeuren hatten sich bereits Firmen angesiedelt. Eine konkretisiertere Planung ein Jahr später sah dann eine Spitzkehre mit einem nach Osten weisende Ausziehgleis vor. Ein Abzweig zum Dachpappenwerk Braun sollte das Gleis mit einer Drehscheibe kreuzen. Erst in der endgültigen Version zweigt das Fabrikgleis mit einer Gleisharfe vom Rangierbahnhof ab.
Bei der Plaunung wurde von den kgl. württembergischen Behörden detaillierte Bauvorschriften für die Pflasterung zwischen den Schienen, den Verpflichtungen zum Unterhalt des Übergangs und zum Bahnbetrieb gemacht. Unter anderem ist festgelegt, dass die Bahn nur bei Tag und zu in einem genauen Fahrplan festzulegenden Zeiten befahren werden darf. Diese Vorschrift wurde dann aber bald wieder aufgehoben.
Der Bau des Industriegleises, damals noch Fabrikgleis genannt, wird 1905 angefangen. Mit der Ausführung beauftragt man die Firma Georg Vogel. Teilhaber des Unternehmens waren Friedrich und Richard Vogel. Das daraus hervor gegangene Bauunternehmen Richard Vogel war bis zu seiner Insolvenz 2013 sehr bekannt in Ulm.
Bereits im November des Jahres 1905 war das erste Teilstück vom Bahnhof Söflingen bis zum Vincinalweg No. 1, der heutigen Blaubeurer Straße, fertig gestellt. Es sollte aber noch bis zum 2. Mai 1907 dauern, bis das Fabrikgleis seine Zulassung zum Betrieb erhielt.
Eines der strittigen Themen war der vorgesehene hohe Frachttarif, den die württembergische Staatsbahn für die Bedienungsfahrten auf dem Fabrikgleis in Rechnung stellen wollte.
Ein weiteres Problem lag in einer Besonderheit innerhalb des Gleisverlaufs.
Das Fabrikgleis und das östlich gelegene Zweiggleis, das spätere Stammgleis II, schneiden auf der Söflinger Straße nahezu lotrecht die Gleise der zur gleichen Zeit neu verlegten Straßenbahn nach Söflingen.
Hierfür ist eine vierfache Gleiskreuzung notwendig, eine Sonderkonstruktion, deren Aufwand von den städtischen Planern und dem Hersteller deutlich unterschätzt wurde.
Folglich kam es zu erheblichen Lieferverzögerungen die eine Konventionalstrafe für den Auftragnehmer, die Hannover'sche Bahnindustrie GmbH, nach sich zogen.
Zwei Jahre nach der Eröffnung hatten 16 Firmen einen Nutzungsvertag für das Westgleis, darunter das Dachpappenwerk Gebr. Braun, die Weberei Steiger & Deschler, die Eisengießerei Th. Hopff und die Ulmer Brauerei Gesellschaft UBG (später "Ulmer Münster Bier").
Mit der Fertigstellung des neuen Güter- und Rangierbahnofs im Blautal hat auch das Westgleis seine Grundstruktur mit einer Übergabegruppe bei der Beringer Brücke, einem nach Süden bis zur Sedanstraße reichenden Hauptgleis und einem nach Osten, in das Dampfkraftwerk der OEW abgehenden Zweig erhalten.
Während und nach dem 1.Weltkrieg entwickelte sich die Weststadt weiter aber das Transportproblem verschärfte sich durch einen Mangel an Fuhrwerken für den Straßentransport. Die Pferde dafür waren, wie die Menschen auch, in zu großer Zahl an den Kriegsfronten eingesetzt und getötet worden.
Eine Ausdehnung des Industriegebiets und der -gleise nach Westen wurde angedacht, ist dann aber nicht umgesetzt worden. Man entschied sich vielmehr für eine Erweiterung der schon bestehenden Anlagen nach Osten. Den Gleisanschluß der Firma Braun verlängerte man in die Obere Bleiche, den Anschluß der OEW in die Bauhoferstraße und vom Stammgleis bei der Ulmer Brauereigesellschaft baute man ein neues Gleis durch die Wörthstraße zur Ulanen-Kaserne, wo das Heeresverpflegungsamt große Lagerschuppen besaß.
Planung 1919
Im 2.Weltkrieg wurden 70-80 Prozent der Weststadt und große Teile des Westgleises, des Rangierbahnhofs und des Bahnbetriebswerks zerstört. Nach dem Neuaufbau und während der Wirtschaftswunderjahre erlebte die Weststadt als Industriegebiet noch einmal eine Blüte. Hauptsächlich die hier angesiedelten Großbetriebe aus dem Fahrzeugbau und der Elektrotechnik boten tausenden Ulmern wieder sichere Arbeitsplätze.
Als Folge der ersten großen Nachkriegsrezessionen Mitte und Ende der 1970er Jahre schließen aber viele Betriebe, andere wurden in das neue Industriegebiet Donautal verlegt.
Der Bahntransport verliert seine Bedeutung an den Straßenvehrkehr, Güter werden nun mit Lkw transportiert.
Einen großen Einschnitt brachte der Ausbau der Magirusstraße und der Umbau an der Kreuzung zur Söflinger Straße. Viele Nebenanschlüße wurden nicht mehr benutzt, die Stammgleise wurden im Zuge von Straßenbaumaßnahmen gekürzt und teilweise überbaut.
Übrig geblieben ist heute nur noch eines der ältesten Teile des Westgleises, der Anschluß zum ehemaligen Dampfkraftwerk. Bis zur Stillegung der letzten konventionellen Kessel der Fernwärme Ulm (FUG) wurde noch Kohle per Bahn angeliefert. Der Rückbau auch dieser Gleise über die stark befahrene Blaubeurer Straße ist absehbar.