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Die Industriegleisanlagen
der Stadt Ulm


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Westgleis - Stammgleis III



(Angaben jew. zur Zeit der größten Ausdehnung
Anfang der 1930er bis Ende der 1960er Jahre

Das Stammgleis III zweigt unmittelbar hinter der Blaubrücke vom Stammgleis I ab, führt in einem weiten Bogen zur Bauhoferstrasse und bleibt bis zur Lindenstraße auf dessen südlicher Seite. Nach Überquerung der Engelbergstraße verzweigt sein Ende in die Gleisanschüße der Zementwerke Schwenk und der Oberschwäbischen Zentralmolkerei Bilger.
Der letzte verblieben Rest des Stammgleises III, der Anschluß der FUG (früher OEW/EVS), der im Sommer 2024 stillgelegt wurde, soll für die Anlieferung von Straßenbahnen ertüchtigt und bis in den Betriebshof der SWU wiederhergestellt werden.


Der ursprüngliche Zweck des Stammgleises III lag in der Anbindung der sog. Dampfreserve, dem Kraftwerk, das die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke OEW zur Absicherung des Strombedarfs der Stadt 1909 in der Weststadt errichtet hatte. Der Nebenanschluß IIIb) bestand bis kurz vor dem 1.Weltkrieg nur aus einem Zweiggleis zur Anlieferung der Kohle.
Im Jahr 1913 erfolgte der Bau einer nördlicher gelegenen Verlängerung des Abzweigs vom Stammgleis I als neues Stammgleis III.


Wilhelm Weyler kauft 1910 als Bevollmächtigter der Sanitas Fußbodenfabrik in Heilbronn ein Grundstück südwestlich des Kraftwerks und beantragt, den Gleisanschluss der OEW mitbenutzen zu dürfen. Ein Jahr später wird in das Zweiggleis eine Weiche gelegt und damit ein eigener Anschluß für die Sanitas, das Nebengleis IIIa), geschaffen.
Ende 1918 beabsichtigt der Bauwerksmeister Joh. Lindenmann aus Ulm eine neue Fabrik für Bau­materialen aus Eisenbeton zu errichteten und kauft dazu mehrere Grundstücke südlich von Weyler und dem daneben angesiedelten Eishändler Friedrich Schäffenacker. Im Zuge der Umbaumaßnahmen am OEW-Gleis, bei dem der Anschluß an das Stammgleis I um 77 Meter nach Norden verschoben wurde, erstreckt sich nun der Nebenanschluß über die Grundstücke von Friedrich Schäffenacker, Weyler und Lindenmann. Nach 1929 wird der Anschluß Weyler vom Brennstoffhandel Botzenhart & Bosch übernommen.


Im Rahmen der um sich greifenden Kriegsvorbereitungen unter Kaiser Wilhelm II. plant die Heeresverwaltung den Bau eines Artillerie-­Depots im Westen der Stadt. Das Depot soll nördlich der Söflinger Straße errichtet und über das zur Dampfreserve führende Bahngleis angeschlossen werden. Damit entsteht der Nebenanschluß IIIe), der ursprünglich aus zwei kürzeren Gleisstücken bestand, die etwas östlicher vom Stammgleis III abzweigten.


Zwischen den Arealen des Kraftwerks und des Heeresdepots besaß die Stadt Ulm ein Grundstück, das sie als Lager für das Tiefbauamt nutzte. Es bot sich an den Ausbau des Stammgleises III zu nutzen um dort einen eigenen Gleisanschluß, das Nebengleis IIId), einzurichten.
Das Grundstück wurde 1934 an die Firma Karl Kässbohrer verkauft, die den Anschluß umbaute und mit einer Verladerampe für ihre Fahrzeuge versah. Allerdings wurde das Gleis schon zuvor von den städtischen Straßenbahnbetrieben mit genutzt. Diese können und wollen auch zukünftig nicht auf einen Anschluß verzichten. Man einigte sich auf eine Mitbenutzungsvereinbarung, die bei einem Wagenaufkommen von 40-50 Einheiten im Monat für Kässbohrer die Zufuhr des höchstens einen für die Straßenbahn gestattet.


Nach der Jahrhundertwende beklagt sich Kommerzienrat Carl Schwenk bei Oberbürgermeister v. Wagner über die hohen Arbeitslöhne in der Stadt und droht damit, deswegen seine Fabrik in ein neu erworbenes Areal am Thalfinger Bahnhof zu verlegen. Die Sache ruht bis Schwenk 1915 beantragt, seines Fabrikanwesens „am Blumenschein“ an das städt. Industriegleis anzuschließen. Um die weiterhin angedrohte Abwanderung zu verhindern verkauft die Stadt die zur Herstellung des Gleises notwendigen Grundstücke zu einem besonders günstigen Preis und übernimmt die Baukosten für den Nebenanschluß IIIk) zu 3/4. Ein Viertel davon musste jedoch der Kartoffelhändler Otto Ernst für seinen Anschluß IIIh) übernehmen. Ernst konnte bis dahin den Anschluß IIb) der Getreidehandlung Bühler mitbenutzen, musste sich aber nach deren Umzug um eine neue Lösung kümmern.


1910 gründen die Brüder Martin und Johannes Bilger eine Butterhandlung, die schnell expandiert. 1923 kaufen sie ein Grundstück zwischen Parler-­, Engelberg­-, Kun-­ und Söflingerstraße, das einen eigenen Gleisanschluß bekommen soll. Dieses Nebengleis IIIi) bereitet bei der Genehmigung Probleme da sich die Abzweigweiche im Straßenraum befindet und die Übergabestelle wegen der unmittelbar vor der Drehscheibe liegenden Straßen­kreuzung hinter der Drehscheibe liegen und daher von allen Loks befahrbar sein muss. Wegen deren Tragfähigkeit von 40 Tonnen konnte deshalb dieser Anschluß nur von Lokomtiven der Bauart T3 bedient werden.


Als Folge des 1. Weltkriegs musste das Artillerie-Depot entmilitarisiert und unter die Verwaltung durch die Fiskalbehörden des Reiches gestellt werden. Die Gebäude wurden zivil genutzt, die nördlich der Bauhoferstraße gelegene Magazine an die Futtermittelhandlung Wilh. Thurau und die Kunstwollfabrik Heinr. Gläser verkauft. Gläser legt einen Projektplan zum Bau des Nebengleises IIIf) vor, der auch realisiert wir, konzentriert sich nach 1931 aber auf seinen heutigen Standort an der Straße nach Blaubeuren. Nach dem 2.Weltkrieg wird ein Wagon-Pendelverkehr zwischen Riedmühle und Güterbahnhof mit speziellen Lkw­-Anhängern, sog. Culemeyer-­Straßenrollern ein­gerichtet.


Die von Johann Heinrich Wolff 1843 am Kornhausplatz gegründete Eisenwarenhandlung hatte mit selbst entwickelten Ladeneinrichtung ein gut gehendes neues Geschäftsfeld erschlossen und baute 1926 in der Bauhoferstrasse ein Lagergebäude, das Anfang der 1930er Jahre um einen Büro- und Fabrikationstrakt erweitert wurde. Diese Fabrik erhielt auf der Nordseite der Bauhoferstraße einen eigenen, 250 Meter langen Gleisanschluß IIIc), über den jedoch kaum Daten verfügbar sind.


Nebenanschlussgleise


III a)
III b)
III c)
III d)

III e) nach 1945
III f) ab 1923
III h)
III i)

III k)

für eine vergrößerte Darstellung Pläne anklicken


AnschlußAnschriftJahrInhaber
III a)Magirusstraße 17 – 191910 – 1929
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1929 – 1962
Sanitas Fußbodenfabrik, Joh. Lindenmann, Baustoffe u.a.
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Botzenhart & Bosch,Brennstoffhandel /
Lindenmann & Schmauder, Betonfertigteile
III b)Magirusstraße 211909 – 2024OEW, EVS, FUG - Kraftwerk
III c)Bauhoferstraße 181926 – 1980Joh. Heinr. Wolff, Eisenwaren und Ladeneinrichtungen
III d)-ca. 1913 – 1934
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1934 – 1963
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1963 – 1980
Städtisches Tiefbauamt, Lagerplatz
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Karl Kässbohrer, Fahrzeugbau
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Städtische Straßenbahnen
III e)Söflingerstr. 96 –1001915 – 1946
⋯⋯⋯
1922 – 1934
⋯⋯⋯
1946 – 1980
Reichsfiskus / Heeresverwaltung
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Mitbenutzung durch Südd. Wollverwertung u.a.
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AEG-Telefunken (Röhrenwerk)
III f)Bauhoferstraße 6 – 81923 – 1939
⋯⋯⋯
1949 – 1984
Heinr. Gläser, Textilverarbeitung
⋯⋯⋯
Th. Wölpert, Eisen- und Baustoffhandel
III h)Engelbergstraße 12-141916 – 1980Otto Ernst, Landesprodukte
III i)Söflinger Str. 701924 - 1978Oberschwäbische Zentralmolkerei Bilger AG
III k)Hindenburgring 11-151916 – 1976E. Schwenk Cementwerk



Text: Manfred Pötzl, TIG - Plattform für Ulm/Neu-Ulmer Technik- u. Industriegeschichte, 2024
Quellen: