(Angaben jew. zur Zeit der größten Ausdehnung
Anfang der 1930er bis Ende der 1960er Jahre
Der Hauptzweck des Stammgleises IV lag in der Versorgung des östlich der Ulanen-Kaserne gelegenen kgl. Proviantamtes bzw. des Heeresverpflegungsamtes.
Den größten und ältesten Gleisanschluß am Stammgleis IV bildet daher der Nebenanschluß IVd,e). Er wurde zum Zweck einer direkten Bahnverbindung der Magazine des kl.Proviantamts 1916 errichtet. Das Stichgleis zum Lagerplatz wurde zuerst entgegen der Planung von 1912 nur in einer Länge von 40 Meter gebaut. Zu der Zeit zählte noch der gesamte Abschnitt vom Abzweig am Stammgleis I, der Kreuzung mit Stammgleis II und der Strecke im nordseitigen Straßenbankett der Wörthstraße zum Zweiggleis. Östlich des kurzen Stichgleises wird das Körnermagazin mit einer Drehscheibe angeschlossen.
Die Abstellung der großen Zahl an Heuwagen bereitet aber zunehmend Probleme, der Anschluß wird daher ab 1925 umgebaut. Mit neuen Stichgleisen sollen die inzwischen hinzu gekommenen acht Rauhfutterscheunen und das Magazin der Garnisonsverwaltung besser versorgt werden. Die Drehscheibe aus dem Stammgleis wird in das neue Stichgleis verlegt. Eine nicht versenkte Schiebebühne mit elektrisch betriebener Seilzugwinde (Auflaufhöhe 22 cm, Hersteller Maschinenfabrik Esslingen) verbindet die Scheunengleise mit dem Gleisanschluß.
Nach dem 2.Weltkrieg wechselt die Nutzung der Militär-Magazine mehrfach. Vom Amt für die Verwaltung des ehemaligen Wehrmachtsguts konnten im ehem. Heereszeugamt den von Kriegsauswirkungen betroffenen Firmen Ersatzlagerraum und -unterkunft zugewiesen werden. Nicht nur diese nutzen dann den Gleisanschluss, auch das Hilfswerk der evangelischen Landeskirche und die UNRRA, die Nothilfe und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen, benutzen diesen Anschluss für Lebensmitteltransporte (u.a. für sog. Care-Pakete).
1949 kauft Carl Abt das alte Körnermagazin und betreibt dort bis zum seinem Umzug in die Fabrikhallen des Magirus Werk II im Jahr 2003 ein Lager für seinen Groß und Einzelhandel.
Der Inhaber der Ulmer Kunststein- & Betonwerke, Otto Leube, vereinbart 1919 mit der württembergischen Staatseisenbahnverwaltung und der Stadtgemeinde Ulm die "Herstellung eines Gleisanschlusses an das Zweiggleis zur Wörthstraße". Sechs Jahre später beantragt Leube das Anschlussgleis um 32 Meter bis zur Moltkestraße zu verlängern, gibt seinen Betrieb aber kurz danach auf. Es folgt die Nutzung des Lagerplatzes durch mehrere Kohlehandlungen bis der Gleisanschluß nach dem 2.Weltkrieg ganz aufgegeben wird. Die Anschlussbezeichnung IVa) geht danach an die nördlich davon liegenden Hüttenwerke über, die schon vor dem Krieg einen Übergang von ihrem Nebenanschluß IIc) zum Stammgleis IV eingerichtet hatten.
Das Gesuch zur Genehmigung eines Gleisanschlusses für das Südd. Gusswerk von Berthold Linck trägt das Datum vom 23.Januar 1923. Über die Firma und das Nebengleis ist nur wenig bekannt.
Die graphischen Kunstanstalten Dr. Karl Höhn richten 1926 in der Yorckstraße 1 ein Lagerhaus ein und lassen dieses mit einem Privatgleisanschluß IVb) ausrüsten. Die Eisenbahnbaudirektion bemängelt dabei gegenüber der Stadtverwaltung die Hintereinanderschaltung von Anschlüssen, die entstehen würde, wenn die daneben liegende Parzelle nicht an Höhn verkauft werden sollte. Höhn hat dann das Grundstück erworben, verkauft aber beides 1937 an die Bettfedern- und Daunenfabrik Oskar Friz. Nach 1971 zieht in das Gebäude von Friz die Konstruktionsabteilung des AEG-Anlagenwerks ein, der Gleisanschluß wird danach als Parkplatz genutzt.
Wie auch das zweite nördlich der Wörthstraße liegende Zweiggleis, der Nebenanschluss IV b) Höhn / Friz, so wurde auch dieser Doppelanschluss IVc) erst nach Fertigstellung des Stammgleises IV errichtet. Er geht auf einen Vertrag des schwäbischen Bauernvereins aus dem Jahr 1923 zurück und wurde im Juni 1924 abgenommen.
Schon im Oktober 1924 tritt der Lebensmittelgroßhändler Hermann Kolb in den Gleisanschlussvertrag ein. Drei Jahre später werden Grundstück und Lagerhaus der Zentralgenossenschaft wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten an den Lebensmitteländler Hermann Mezger verkauft. Der Nebenanschluss wird danach von beiden Unternehmen gemeinschaftlich betrieben.
Karl Künkele, der Inhaber der Schapfenmühle, Heinrich Bühler, Stanislaus Maslowski, Gustav Buck und Ernst Mästling, der Gründer der Radiofabrik EMUD, beschließen im Jahr 1921 den Bau eines gemeinsamen Anschlusses im Bereich Lützow / Römerstraße. Das Gleis soll vom Stammgleis IV aus in Nord-Süd-Richtung die einzelnen Grundstücken verbinden. Das Vorhaben leidet allerdings von Beginn an unter finanziellen Nöten. Das Geld für die Drehscheibe bekam man zwar zusammen, es wurde auch eine angeschafft, die Aufwendungen für das Projekt überstiegen jedoch den Rahmen, den die Teilhaber sich selbst gesetzt hatten. Das Projekt wurde aufgegeben, für die Stadt jedoch war es der Anlass, das bisher nur bis vor die Lützowstraße reichende Anschlussgleis des Proviantamtes um 90 Meter zu verlängern und als neues Freiladegleis auszuweisen. Diese Maßnahme war notwendig geworden, weil „die Bahnstation“ kurz zuvor die bisher übliche Verwendung des gesamten Stammgleises IV als Freiladegleis wegen Behinderungen des Verkehrs zum Proviantamt untersagt hat. Nach Beschwerden der Anwohnerschaft wegen der Verladung von großen Mengen an Pferdemist durch die Wehrmacht gab man das Freiladegleis 1939 trotzt Bedarf für eine eventuelle Mobilmachung doch auf.
Anschluß | Anschrift | Jahr | Inhaber |
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IV a) | Moltkestrasse 14 | 1919 – 1931 ⋯⋯⋯ 1931 – 1937 ⋯⋯⋯ 1937 – 1941 ⋯⋯⋯ nach 1949 | Otto Leube, Ulmer Kunststein- & Betonwerke ⋯⋯⋯ C.F. Miller, Kohlehandlung ⋯⋯⋯ Wilh. Ulrich, Kohlehandlung ⋯⋯⋯ zu Nebenanschluß IIc) gehörig |
IV Linck | Wagnerstraße 121 | 1923 – 1931 | Berthold Linck, Südd. Gusswerk |
IV b) | Yorkstraße 1 / Wörthstraße 8 | 1926 – 1937 ⋯⋯⋯ 1937 – 1971 | Dr. Karl Höhn, Druckerei ⋯⋯⋯ Oscar Friz, Bettfedernfabrik |
IV c) | Wörthstraße 68 / Wörthstraße 74 | 1924 – 1927 ⋯⋯⋯ 1927 – 1980 ⋯⋯⋯ 1924 – 1964 | Zentralgenossenschaft des schwäbischen Bauernvereins ⋯⋯⋯ Hermann Mezger SPAR-Zentrale Ulm-Augsburg ⋯⋯⋯ Hermann Kolb Lebensmittelgroßhandel |
IV d,e) | Wörthstrasse 57-61 | 1916 – 1945 ⋯⋯⋯ 1945 – 1949 ⋯⋯⋯ 1949 – 1980 | Kgl. Proviantamt / Heeresverpflegungsamt ⋯⋯⋯ Verwaltung für das ehem. Wehrmachtsgut ⋯⋯⋯ IV d) AEG-Telefunken Anlagenwerk IV e) Carl Abt, Eisenwaren (ehem. Körnermagazin) |
IV Freiladegleis | Wörthstraße / Lützowstraße | 1923 – 1939 | Stadt Ulm |